Hope & Despair, Band 3: Hoffnungsstunde by Carina Mueller

Autor:Carina Mueller [Mueller, Carina]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2016-11-03T16:00:00+00:00

11. Kapitel

Despair

»Schaut!«, rief Jay plötzlich und zeigte auf eine dunkel gekleidete Gestalt, die in den Wagen dieses Barrys einstieg.

»War er das?«, erkundigte ich mich. Ich hatte die Gestalt nur noch von hinten erspäht. Mal abgesehen davon, dass ich sowieso nicht wusste, wie dieser Barry aussah …

»Definitiv«, antwortete Jay.

Ich nickte zufrieden. »Sollen wir dann?«, fragte ich. Jetzt hieß es, keine unnötige Zeit zu verlieren.

Jay nickte.

Auch wenn der Typ mir zuerst wahnsinnig unsympathisch gewesen war, hatte ich meine Meinung innerhalb der Stunden, die wir nun gemeinsam im Auto verbracht hatten, geändert. Zwar nicht grundlegend, doch er schien okay zu sein.

»Ja! Lasst uns loslegen!«, erwiderte Treason ebenfalls voller Tatendrang.

Ich sah zu Treason, der tatsächlich mitgehen wollte. – Treason wollte mitgehen? Freiwillig?! Dass er das Buch alleine holen wollte, hatte mich ja schon vollkommen irritiert. Aber sich gleich zweimal bewusst in Gefahr zu begeben? Er schien wirklich etwas für Loyalty übrig zu haben … Doch wenn ich ehrlich war, zweifelte ich nach seinen Erzählungen nicht mehr daran. Treason hatte Hope alles offenbart, was er wusste. Ich hatte kein einziges Mal eine negative Gefühlsregung gespürt und das, obwohl Treason sonst voll damit war. Er war einfach ehrlich gewesen, das konnte man ganz deutlich fühlen. Und obwohl er wirklich unangenehme Dinge zu beichten gehabt hatte, hatte er nichts verschönert oder ausgelassen. Alles hatte sich logisch und schlüssig angehört und die Gefühle, die bei einer Lüge oder selbst auch bei einem willentlichen Verschweigen entstanden, konnte ich nicht bemerken.

Ja, Treason hatte mich wirklich überrascht. Dafür zollte ich ihm meine Anerkennung, denn das erforderte viel Mut. Mut, den ich ihm niemals zugetraut hätte …

»Was machen wir mit den Ölgötzen hier?«, fragte Hate und zeigte dabei auf die bereits neutralisierten Sensianer.

Lie, Greed, Love, Honesty, Modesty und Mercy hatten die ganze Fahrt über nur stumm dagesessen und vor sich hingestarrt. Nicht einmal, als Hope sich mit Treason unterhalten hatte und das Gespräch sich um sie drehte, hatte auch nur einer von ihnen einen Ton gesagt. Bei den anderen hätte ich das ja noch verstehen können – da hatte ich keine Erfahrungswerte -, aber gerade bei Honesty, die uns ja bereits schon einmal auf der Straße begegnet war und dort auch mit Hope gesprochen hatte, wunderte mich das sehr. Ich meinte, dort ging es ja schließlich auch. Warum also jetzt nicht mehr? Warum waren sie so schweigsam?

Was mich ebenfalls wunderte, war, dass sie sich von Agony alle so brav in diesen Transporter hatten verfrachten lassen. Ich dachte daran, wie Honesty sich angestellt hatte, als wir sie mitnehmen wollten. Warum hatte sie sich bei uns so dagegen gesträubt und war bis auf ihre fehlenden Erinnerungen sogar noch relativ klar im Kopf gewesen -zumindest konnte sie sich da noch vernünftig artikulieren – und jetzt saß sie hier rum wie ein Zombie, glotzte stumm vor sich hin und regte sich nicht mehr.

Ich wusste nicht, ob Hope das ebenfalls aufgefallen war. Sie hatte nichts gesagt, aber das mochte auch daran liegen, dass sie mit Treason beschäftigt gewesen war. Ich würde sie jedenfalls drauf ansprechen, sobald wieder etwas Ruhe eingekehrt war.

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